Nachdem meine Zeit beim Unternehmen Unycom in Graz bereits eine Zeit zurückliegt, habe ich mir gedacht, ich könnte einen Erfahrungsbericht dazu verfassen. Dieser Bericht zielt darauf ab, einen Überblick zum Unternehmen und meine damaligen Tätigkeiten zu geben. Ein gewisser Einblick in das Unternehmen, sofern es meine rechtliche Verbindlichkeit der Verschwiegenheit zulässt, soll damit möglich sein.
Tätigkeiten und das “kalte” Wasser
Im Dezember 2012 habe ich bei Unycom als Release Manager begonnen. Die Position, die ich besetzte, war im Vorfeld eigentlich nicht ausgeschrieben. Diese wurde anscheinend erst intern erzeugt und ich wurde damals gefragt, ob ich diese Herausforderung übernehmen möchte. Anfangs war ich mir etwas unsicher, um was es eigentlich genau ging, doch die Aufgabe zur Planung und Koordination von Software Produktreleases schien interessant zu sein.
Unycom ist ein in Graz ansässiges Unternehmen mit etwa 80 Mitarbeiter/innen. Das Unternehmen erzeugt Software für die Verwaltung von Gütern des geistigen Eigentums (Intellectual Property). Diese Software wird als Produktlösung vertrieben, weiterentwickelt und supported. Der Firmensitz in Graz ist relativ gut mit den öffentlichen Verkehrsmitteln angebunden und kann auch gut mit dem Fahrrad erreicht werden. Da das Office im Center Ost in St. Peter ist, liegt die Autobahn nicht weit.
Also ging es im Dezember los, in den ersten Wochen arbeitete ich mich in die Arbeitsabläufe ein und las einige Dokumentationen. Meine ersten Ideen zu einer sinnvollen Releaseplanung waren schwierig umzusetzen, es fehlte noch an Basiswissen im Produktbereich und viele Planungsideen wurden mir damals gar nicht mitgeteilt. Mit Anfang des Jahres 2013 bekam ich ein neue Aufgabe, die Führung einer Task Force zur Koordination im Security Bereich. Zu Anfang fühlte ich mich wie ins kalte Wasser geworfen, doch dadurch konnte innerhalb kurzer Zeit viel an Wissen über die Software aufbauen und bekam einen Einblick in die anderen Abteilungen, die ebenso an der Task Force mitwirkten.
Mit Mitte des Jahres 2013 endeten meine Tätigkeiten im Security Bereich, mein Release Management Prozess war inzwischen verbessert und gut etabliert (so zumindest habe ich es heute noch in Erinnerung). Neben den Release Management Tätigkeiten hatte ich mich auch verstärkt im Projekt-Controlling eingearbeitet und führte mit meinem Vorgesetzten KPIs (Key Performance Indicators) ein.
Unycom Doing und Atmosphäre
Nachdem ich im Softwarebereich arbeitete, sprich schlussendlich in die Softwareentwicklungsabteilung wechseln musste, hatte ich bei Unycom viel mit der SCRUM Methodik zu tun. Aus der Zeit von Infonova waren meine Kenntnisse recht gut in diesem Bereich, dennoch konnte ich vermehrt in die Verbesserung von SCRUM Prozessen einblicken und teilweise daran Teil haben.
Bei Unycom hatte ich sehr viel an Freiraum und Gestaltungsmöglichkeiten zur Verbesserung der Software (Produkt), der dahinterliegenden Prozesse und der Koordination. Das Unternehmen setzt auf hohe Eigenverantwortung der Mitarbeiter, was positiv wie auch negativ gesehen werden kann. Positiv deshalb, weil die Mitarbeiter untereinander darauf vertrauen, dass jeder sein Bestes gibt und alle wissen was zu tun ist. Ausserdem können kreativ neue Ideen und Vorschläge eingebracht werden. Negativ würde ich sagen, weil es oftmals an genauer Richtungssetzung und Vorgaben gemangelt hat, wie es weiter gehen sollte; last-minute Entscheidungen der Geschäftsführung sind niemals gut für eine Planungsflexibilität. Mir wurde im Bewerbungsgespräch gesagt, dass bei Unycom ein gewisser Chaos Modus vorherrsche, aus dem es die Produktivität und Kreativität herauszufiltern gilt.1
Die Arbeitsatmosphäre beurteile ich als gut; bei Unycom wird ein familiäres Miteinander gross geschrieben, was man in den Mittagspausen (es gab eine grosse Küche für die Zubereitung des Mittagessens) gut vermittelt bekam. Inwieweit man selbst Teil dieser Familie sein möchte, entscheidet sich aufgrund der eigenen Persönlichkeit. Für mich persönlich war es schwierig mich in diese grossen Familie einzufinden, da ich in den ersten Monaten meine Arbeit oftmals alleine erledigte und bereits einiges an Verantwortung übertragen bekam, was bei manchen Kollegen anscheinend nicht gut ankam.2
Unycom Goodies
Das Unternehmen bat zu Anfang Essensmarken an, die aber mit Mitte 2013 gestrichen worden sind. Nach Ablauf der Probezeit wurden die neuen Mitarbeiter mit einem kleinen Geschenk begrüsst, was mir als zeremonieller Akt sehr gut gefiel. Neben der Weihnachtsfeier gab es auch ein Sommerfest mit einem netten Ausflug zu einer Buschenschenke. Eine Bonuszahlung, wie es diese bei Infonova für mich gab, war bei Unycom nicht vorgesehen.
Ausbildung und Weiterbildung
Wie viele andere Softwareunternehmen war die Anzahl an Weiterbildungen, Schulungen, etc. sehr limitiert und wenn dann nur auf bestimmte Spezialbereiche fokussiert. In Hinsicht auf eine abzuschliessende Ausbildung nahm das Unternehmen aus meiner Sicht Rücksicht, wobei diese Möglichkeit teilweise unausgewogen auf mich wirkte. Mit Arbeitsbeginn im Jahr 2012 machte ich darauf aufmerksam, dass ich mein Post-Graduate Studium abzuschliessen habe und bis Mitte 2013 Vorlesungen zu besuchen habe. Das war kein Show-Stopper für meinen Arbeitsbeginn, da ich meistens FR-SO auf der Uni war. Mit Anfang 2013 gab ich dann bekannt, dass ich meine Master-These im Patentwesen (künftiger einheitlich wirkender europäischer Patentschutz durch das EU-Patent) verfassen möchte, mit der Absicht mich in Zukunft sehr stark im fachlichen Bereich für Unycom einbringen zu können. Das Unternehmen stimmte meinem Vorhaben zu. Mit Ende das Jahres 2013 musste ich aber einsehen, dass ich mit gleichem Arbeitstempo bei Unycom meine Master-These in meiner Freizeit niemals abschliessen könne. Zuvor ging fast mein gesamter Urlaub für Uni-Besuch und Master-These drauf. Mit Anfang 2014 war die Situation noch immer ungeklärt, meine Absicht war eine Reduzierung der Arbeitszeit oder eine Bildungsteilzeit. Warum diese Thematik ungeklärt blieb, kann ich heute schwer beurteilen.
Fazit
Die Zeit bei Unycom hat mir einiges an Wissen vermittelt und mir neue Fähigkeiten aufgezeigt, von denen ich bisher nicht wusste, dass ich ich sie besitze. Ebenso bin ich der Ansicht, dass man ohne tiefe Eingliederung in die Unycom Familie seinen Job nicht lange behalten wird. Nach 1,5 Jahren wurde mein Arbeitsverhältnis beendet, wobei mir die Gründe dafür bis heute nicht sehr klar erscheinen. Die Situation der Kündigung war aus meiner Sicht etwas unpassend konstruiert, denn eigentlich sollte ich mich mit meinen Vorgesetzten zum jährlichen Mitarbeitergespräch treffen. Dafür hatte ich mich vorbereitet und mir Pläne für die Zukunft bei Unycom geschmiedet. Aus den Zukunftsplänen wurde dann der Erhalt der Kündigung, womit meine bisherige emotionelle Beständigkeit in Unruhe geriert. Als Grund für die Kündigung wurde mir die wirtschaftlich schwierige Lage genannt, dass ich mich nicht so gut in die Unycom Familie einfinden konnte und dass meine bisherigen Tätigkeiten von anderen übernommen werden können. Nunja, die ersten Stunden und Tage waren von emotioneller Niedergeschlagenheit gezeichnet, da ich anfangs die Fehler (der Verstand sucht quasi automatisch nach den Fehlern) bei mir suchte und dann auch ein paar fand. Weiter gingen diese Kreisgedanken dann mit dem Suchen der Fehler auf der Gegenseite, wo ich ebenso einige fand, die ich aber bis heute nicht mit Unycom diskutiert habe. Im Nachhinein gesehen, waren Fehler im gleichen Ausmass auf beiden Seiten zu finden. Über die schwierige Zeit meiner Niedergeschlagenheit hat mir am besten die Versetzung meines Bewusstseins in die Zukunft geholfen. Sprich, einfach ein Jahr in die Zukunft denken und dann auf den aktuellen Moment zurückblicken. Beim Zurückblicken soll die Erkenntnis gewonnen werden, wie überzeichnet die Emotionen im aktuellen Moment erscheinen und wie unwichtig diese für die Zukunft sind. Obwohl ich meine Master-These in Zusammenarbeit mit Unycom und in weitere Folge für Unycom zu erstellen begann, hatte ich mich entschlossen die Sache bis zum Ende durchzuziehen. Zum Zeitpunkt meines Arbeitsendes bei Unycom hatte ich bereits 1/3 der Arbeit verfasst und ein paar hundert Arbeitsstunden und ein paar Urlaubstage sind bereits dafür aufgewendet worden. Ich kann nicht sagen, ob ich eine Master-These im Patentwesen ohne die Position bei Unycom geschrieben hätte, für mich ist das Patentwesen auch ohne Unycom als Arbeitgeber eine interessante Sache.
1: Wörtliches Zitat im Bewerbungsgespräch zum IT-Projektmanager.
2: Diese Aussage basiert auf meiner persönlichen Vermutung und Einschätzung der damaligen Situation.